Hier habe ich auf Hashtags wie #BEV #Stellantis und #Corsa verzichtet und würde mich über eine Diskussion bei @tbones@social.tchncs.de in Mastodon freuen.
Ich bin auf der Suche nach einem batterie-elektrischen Fahrzeug (englisch BEV) als Kleinwagen, der im Zweifelsfall auch für eine Urlaubsreise zu zweit oder dritt geeignet ist. Größere Fahrzeuge lehne ich wegen des enormen Gewichts des Akkus und der notwendigen Motorleistung zur Bewegung von dieser Masse im Leergewicht ab.
Also habe ich mir den Opel Corsa-e als Testwagen für eine 160 km lange Dienstreise ausgesucht. Jetzt im Winter, da ich testen will, ob man es auf freier Strecke bei irgendeiner Ladesäule nachts im gottverlassenen Industriegebiet eine Stunde zu allen Jahreszeiten im Auto aushält. Den Wagen habe ich am Vorabend mit der vollen Ladung von ca. 350 km Reichweite bekommen. Zu einen wollte ich mich noch in den Ladeprozess und seine Bedienung einlesen, zum anderen Schuko-Steckdosen-Laden und die Standheizung ausprobieren.
Im Vorfeld sagte mir der Opel-Verkäufer, dass die beste Alternative für das Laden an einer beliebigen Ladesäule der Roaming-Tarif von EnBW sei, mit der entsprechenden Karten-App namens Mobility+. Die Lastschrift für die App habe ich sicherheitshalber ein paar Tage vorher eingerichtet, so dass es nicht zu Problemen beim Laden kommt.
Das Fahrzeug wurde übergeben und ich wunderte mich nicht, dass ich nur ein Schuko-Ladekabel bekam, da ich davon ausging, dass jede Ladesäule ein Kabel zum Anstecken hat. Am Abend habe ich mich dann in Bedienung eingelesen und festgestellt, dass die Standheizung nur im Auto eingestellt werden kann, die MyOpel-App kann das auch, funktioniert aber nur mit Registrierung. Das war mir für den Testtag zu viel.
Am nächsten Tag war ich angenehm überrascht, dass der Innenraum mit sehr angenehmen 22 Grad beheizt war und fuhr ausnahmsweise ohne Jacke los. In einem Testvideo von 2020 (das 2022er Modell hat nur etwas mehr Reichweite) wurde berichtet, dass die Fahrt im Eco-Modus (neben Normal und Sport) im Winter eine nicht ganz so ausreichende Heizleistung erbringt. Das wollte ich testen und merkte schnell bei Außentemperaturen um 0 Grad, dass es nach 15 min Fahrt doch ziemlich auskühlte im Innenraum und bin daher wieder auf den Normal-Modus gewechselt. Auf dem Rückweg bin ich dann wieder mit Jacke im Eco-Modus bei gleichen Temperaturen gefahren, doch auch da war es mir irgendwann leicht kühl. Hier sollte sich Opel bzw. der baugleiche Peugeot 208 e ehrlich machen und dann auch die im Eco-Modus erreichte bzw. erreichbare Temperatur anzeigen.
Im Eco-Modus fährt sich der Wagen wie ein normaler Kleinwagen mit ca. 80 PS, d.h. keine überragende Dynamik, man kann aber gut im Berufsverkehr mit roten Ampelphasen mitschwimmen. Der Normalmodus ist etwas spritziger, im Sport-Modus erlebt man das E-typische brachiale Drehmoment beim Anfahren. Die Windgeräusche hört man wirklich nur ab 130 km/h aufwärts, unterhalb hört man im Stadtverkehr sogar die Abrollgeräusche der überholenden Fahrzeuge auf mehrspurigen Ausfallstraßen. Das Fahrzeug fährt maximal 153 km/h, was für terminliche Notsituationen bei freier Fahrbahn absolut ausreichend ist. Die gleichmäßige Fahrt bei Tempo 130 km/h im Normalmodus bei den oben genannten Heizungsbedingungen (0 Grad außen) auf einer relativ ebenen Autobahn hat 22 kWh verbraucht, was mir ein guter Wert erscheint. Steigungen werden mit Momentanverbräuchen über 30 kWh quittiert.
Die „aggressive“ Rekuperation wird durch das Drücken der B-Taste beim „Automatikhebel“ eingeschaltet. Ab dem 2022er Modell ist dieser Hebel nur noch etwas größer als ein Schalter für den
Fensterheber. Ich habe dies mit einem Anfangstempo von 90 km/h an einer Bergstrecke mit ca. 6% Gefälle getestet und nicht das Gaspedal bedient. Bei einer relativ schnell erreichten Restgeschwindigkeit von 40 km/h im Gefälle habe ich dann abgebrochen. Sonst würde ich das Segeln ohne die Taste „B“ für das energiearme Fahren empfehlen.
Wegen diverser Tests hatte ich zur Rückreise den Akku so beansprucht, dass ich zwingend auf dem Rückweg laden musste. Ich wählte mir zur Mitte der Strecke eine Stadt mit 100.000 Einwohner als Ort aus, um in deren Gewerbegebiet eine Ladesäule zu suchen. Wie oben bereits beschrieben, ging ich davon aus, dass jede größere Säule ein Ladekabel bereitstellen würde und verlangte beim Autohaus dementsprechend auch kein Ladekabel.
Nach zwei Ladesäulen an unterschiedlichen Supermärkten ohne Ladekabel wurde ich etwas nervös, da mir auch der Rückgabetermin im Nacken lag. Also rief ich kurz nach Vier beim örtlichen Stromversorger an um zu erfragen, wo im Stadtgebiet eine Ladesäule mit Kabel sei. Dies konnte mir nicht beantwortet werden. Meine Hoffnung, dass das Kundencenter des Versorgers ein abnehmbares Ladekabel für die Säule direkt vor dem Kundencenter in den Büroräumen hätte, wurde auch enttäuscht. Ich hoffe, dass dies nicht der Stand des Verständnisses von E-Mobilität bei den Stadtwerken dieser Größe in Deutschland darstellt! Der zur Hilfe angerufene Mitarbeiter des Autohauses konnte mir auch keine Ladesäule mit Kabel entlang der Strecke nennen.
So bliebt mir nichts anderes übrig, als ein Großteil der letzten 45 (Autobahn-)Kilometer mit Tempo 90 hinter einem LKW zu fahren, um bei niedrigstem Verbrauch die Autobahn-Ladesäule nach 35 km zu erreichen, da ich zumindest dort eine Säule mit Ladekabel erwartete. Für schnelles Laden bei diesen Temperaturen war das genau das Falsche, siehe Forums-Quelle unten.
Diese (alle?) Ladesäulen starten erst den Ladevorgang und sperren dann das Abziehen des Steckers bis durch eine Ladekarte oder eine Bezahl-App die Abrechnung erfolgt ist. Nach 20 Minuten hatte ich erst 15 km mehr Reichweite an einer 43 kW-Ladesäule, so dass ich dann aus Termingründen abbrechen musste. Nach meiner Berechnung war dies eine durchschnittliche „Ladegeschwindigkeit“ von 10,7 kW. Ich rief dann bei der EnBW Hotline an und ein sehr freundlicher Mitarbeiter erklärte mir, dass diese Ladesäule defekt sei, dies aber nicht an der Säule anzeige oder an die Mobility+ - App weiterleite. Zum „Dank“ würde mir dann auch, wegen der geringen Ladeleistung, nichts berechnet.
Er sagte mir, es handele sich um eine der ältesten Säulen der EnBW. Meiner Meinung nach ist dies aber nicht eine Nachlässigkeit von EnBW, hier benötigt es eine vernünftige Normierung, welche die Ladesäulenhersteller einhalten müssen!
Dieses Erlebnis lies mich doch relativ konsterniert zurück: Nehmen wir an, ich wäre nun auf der Durchreise zu einem Geschäftstermin gewesen und hätte darauf vertraut, relativ schnell wieder 300 km Reichweite „tanken“ zu können. Geschäftstermin oder Hotel-Check-In wären geplatzt gewesen! Eine weitere, wichtige Information: In der App werden durch einen kleinen Kringel unter dem Steckersymbol Ladesäulen bzw. Steckerplätze mit Kabel dargestellt. Das hätte der die App empfehlende Autoverkäufer ja auch wissen können!
Im Winter wollte ich das Fahrzeug insbesondere deshalb testen, um die Standheizung während des Ladens auszuprobieren. Ergebnis: Sie ging bei 0 Grad Außentemperatur überhaupt nicht. Dazu habe ich im Nachhinein erfahren: Geheizt und gekühlt wird bei einem BEV mit einer Wärmepumpe, wie sie zunehmend auch in Häusern verbaut wird. Diese entzieht beim Heizen der Umgebungsluft die (Rest-) Wärme und heizt damit den Innenraum. Beim Corsa e geht dies aber unter +5 Grad nicht mehr, bei anderen Herstellern schon unter +10 Grad. Dann muss ein elektrisches Heizelement (wie ein Heizlüfter) einspringen, das im Verhältnis sehr viel Batterieleistung zieht. Opel kombiniert nicht beide Heizmethoden, zumindest nicht während des Ladevorgangs, sonst wäre ja morgens bei
Minustemperaturen die Standheizung auch nicht gegangen. Nach meiner Kenntnis wirkt bei der Standheizung nur die Wärmepumpe, für das Heizelement muss man explizit anderswo Heizen einstellen. Konsequenter fände ich es, alles über die Standheizung laufen zu lassen und mit einem Zusatzsymbol anzuzeigen, dass nun das „teurere“ Heizelement läuft.
Wie ist das Fahrgefühl: Wie ein großer Mittelklassewagen, letztendlich hat der Corsa (oder auch der Polo) mittlerweile die Größe eines Golf III oder eines vergleichbar alten Astras. Mit Batterie wiegt der Corsa 1500 kg ist damit fast in der Liga mit einem Audi A3, den ich einmal gefahren habe. Durch den niedrigen Schwerpunkt der Batterie ist das Auto so spurstabil und gutmütig wie der A3 damals. Diese „Robustheit“ lässt sich Opel auch für den „Kleinwagen“ bezahlen: Bei über 30.000 Euro Listenpreis ist der Abstand zu größeren Fahrzeugen wie ID.3 oder Opel Mokka nicht mehr so groß. Ich werde daher als nächstes als reines Kurzstreckenfahrzeug den Twingo Electric in der Preiskategorie 20.000 Euro testen.
Fazit:
- Die Mitarbeiter des Autohauses müssen besser geschult werden (notwendige Ladestecker, Info in den Fremdapps auf Ladesäulen mit Kabel, Einsatz oder Ersatz der Wärmepumpe bei sehr kaltem Wetter und im Eco-Modus)
- Die Mitarbeiter der örtlichen Energieversorger müssen BEV-Einsteigern zielgerichteter helfen können (Roaming, Ladesäulen mit Kabel finden)
- Der Staat muss durch Normierung oder Gesetzgebung sicherstellen, dass zertifizierte Ladesäulen ihre Nichtverfügbarkeit oder eingeschränkte „Ladegeschwindigkeit“ an einen Zentralserver melden, so dass Fernreisende ihre Ladesäulen-Auswahl (per App oder E-Navi) daran anpassen können
Danke an meine Quellen:
https://www.goingelectric.de/forum/viewtopic.php?f=315&t=61519&start=40 (ungefähr bis Seite 9)
https://www.youtube.com/watch?v=j2F8xmlUnII (“Automatik-Wahlschalter” beim 2022er Modell sehr viel kleiner)
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